“Wir haben Essen zuhause” – Wie steigende Preise und Lebensmittelsorgen das Essverhalten der Türken verändern

11.12.2025 – 6:35 Uhr

Steigende Lebenshaltungskosten und wachsende Zweifel an der Lebensmittelsicherheit verändern die Essgewohnheiten in der Türkei nachhaltig. Immer mehr Haushalte bereiten ihre Mahlzeiten selbst zu oder kehren zu traditionellen Gerichten zurück, um Geld zu sparen und Risiken zu meiden. Dies geht aus einer aktuellen Marktanalyse hervor.

Eine Studie der Marktforschungsfirma NielsenIQ für den Lebensmitteleinzelhandelsverband belegt ein deutlich sparsameres und planvolleres Einkaufsverhalten. So geben 56 Prozent der türkischen Verbraucher:innen an, bewusst Verschwendung zu vermeiden und nur das Nötigste zu kaufen – ein Wert, der über dem globalen Durchschnitt von 52 Prozent liegt. Preisvergleiche und die Suche nach Sonderangeboten sind zur Routine geworden.

Neben der wirtschaftlichen Not sind auch konkrete Sicherheitsbedenken ausschlaggebend. Meldungen über Lebensmittelvergiftungen, Debatten über chemische Zusätze und Misstrauen gegenüber Verpackungsangaben beeinflussen Kaufentscheidungen stark. „Wie sollen sich Rentner oder Geringverdiener Restaurantbesuche leisten? Der Fokus liegt auf günstigem Fleisch wie Hühnchen. Die Leute kochen lieber daheim“, sagt Ergün Kılıç, Präsident des Verbraucherrechtsvereins.

Doch selbst die heimische Küche bietet keine Garantie. „Was beweist, dass das, was man daheim zubereitet, sicher ist? Die Rohstoffe kauft man ja doch im Supermarkt“, gibt Kılıç zu bedenken. Er kritisiert, dass Kontrollen oft erst nach Zwischenfällen mit Krankheiten oder gar Todesfällen intensiviert werden, und fordert eine unabhängige, zentralisierte Lebensmittelaufsicht.

Der Trend zum Selbermachen beflügelt auch den Markt für Haushaltsgeräte wie Teigmischer, Kaffeemaschinen oder Mixer. Beim Einkauf achten Verbraucher besonders auf Kennzeichnungen wie „bio“, „vegan“ oder „ohne Gentechnik“. Auch Nährwertangaben zu Salz- und Fettgehalt gewinnen an Bedeutung.

Dieser Wandel wird von einer Rückbesinnung auf alte Praktiken begleitet: So erleben das Einfrieren saisonaler Produkte und das Anlegen von Vorräten in Form von Eingemachtem und „Mantı“-Teigtaschen einen Aufschwung. Die Suche nach mehr Vertrauen in die Ernährung führt die Türken somit gleichermaßen zurück in die eigene Küche wie zu den studierten Produktetiketten.