Nach einem historischen Höchststand in der Vorwoche sind die Reserven der türkischen Zentralbank (TCMB) deutlich gesunken. Laut Berechnungen mehrerer Banken, auf die sich die Nachrichtenagentur Reuters beruft, fielen die Gesamtreserven in der Woche bis zum 24. Oktober von rund 198,4 auf 185,5 Milliarden US-Dollar – ein Rückgang von etwa 13 Milliarden Dollar.
Auch die Nettoreserven gingen spürbar zurück: Sie sanken Schätzungen zufolge um rund 12 Milliarden auf 67,5 Milliarden US-Dollar. Ohne Berücksichtigung von Swap-Geschäften liegt der Rückgang bei etwas über elf Milliarden Dollar.
Goldpreise und Devisenverkäufe als Hauptursachen
Einer der Hauptgründe für den Einbruch liegt in der Entwicklung am Goldmarkt. Laut dem ehemaligen Chefökonomen der Zentralbank, Prof. Dr. Ali Hakan Kara, entfielen von der gesamten Abnahme rund 5,2 Milliarden US-Dollar auf den Preisrückgang beim Edelmetall. Der Goldpreis gab in der entsprechenden Woche um 3,3 Prozent nach.
Zudem griff die Notenbank offenbar erneut stützend in den Devisenmarkt ein. Banker schätzen, dass die TCMB im selben Zeitraum zwischen 5 und 5,5 Milliarden US-Dollar an Fremdwährungen verkaufte, mutmaßlich um den Kurs der Lira zu stabilisieren. Laut Kara belaufen sich die Devisenverkäufe seit Anfang September damit auf insgesamt rund 13,2 Milliarden Dollar.
Politische Spannungen belasten Märkte
Neben wirtschaftlichen Faktoren spielten auch innenpolitische Entwicklungen eine Rolle. Die Märkte reagierten empfindlich auf die Nachricht, dass die Istanbuler Staatsanwaltschaft gegen Bürgermeister Ekrem İmamoğlu wegen des Vorwurfs des Geheimnisverrats ermittelt. Zugleich sorgte ein Rechtsstreit um den CHP-Parteitag für Unsicherheit. Erst nach der Abweisung der Klage am 25. Oktober beruhigten sich die Märkte wieder leicht, was zu einer kurzfristigen Stabilisierung der Lira führte.
Experten warnen vor strukturellen Risiken
So verwies die Finanzanalystin İris Cibre darauf, dass die Reserven trotz anhaltender Kapitalzuflüsse aus sogenannten „Carry Trades“, also kurzfristigen Investments aus dem Ausland, kaum wachsen. So seien bis 2025 rund 30 Milliarden Dollar an solchen Geldern ins Land geflossen, während die Zentralbank im gleichen Zeitraum 28 Milliarden Dollar an Devisen verkauft habe.
„Ohne den Rückenwind durch Goldpreise und Carry-Trade-Zuflüsse stünde die Reservebilanz deutlich schlechter da“, so Cibre.
 
								