Türkei braucht über 100 Milliarden Euro für nicht-energetische Infrastrukturprojekte bis 2035

11.08.2025 – 6:35 Uhr

Ein aktueller Bericht des Kreditversicherers Allianz Trade deckt eine massive weltweite Investitionslücke in der Infrastruktur auf – mit unmittelbaren Folgen auch für die Türkei. Um zentrale Herausforderungen wie Klimaneutralität, Digitalisierung und eine resiliente Lieferkettenstruktur zu bewältigen, sind laut dem Bericht „Die globale Infrastruktur-Lücke schließen“ bis zum Jahr 2035 jährlich 3,6 Billionen Euro an Investitionen weltweit erforderlich. Diese Summe entspricht rund 3,5 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Türkei mit Investitionsbedarf von über 100 Milliarden Euro

Für die Türkei beziffert Allianz Trade den Infrastruktur-Investitionsbedarf jenseits des Energiesektors auf über 100 Milliarden Euro. Besonders gefragt sind demnach Investitionen in den Straßenbau (72 Mrd. Euro), in Häfen (11 Mrd. Euro), in die Eisenbahninfrastruktur (10 Mrd. Euro), in die Telekommunikation (6 Mrd. Euro) sowie in Abwasser- und Klärsysteme (1 Mrd. Euro).

„Demografisches Wachstum, der Ausbau der industriellen Basis und das Erreichen von Klimazielen machen diese Investitionen besonders dringlich”, erklärt Luca Moneta, Senior Economist bei Allianz Trade. Ohne den Ausbau der Infrastruktur drohten nicht nur wirtschaftliche Einbußen, sondern auch Rückschläge bei gesellschaftlichen Zielen wie der digitalen Teilhabe und dem Klimaschutz.

Energieinfrastruktur: Modernisierung und Speicher im Fokus

Neben dem nicht-energetischen Bereich betont der Bericht auch den dringenden Modernisierungsbedarf im Energiesektor der Türkei. Insbesondere die Stromnetze, Batteriespeicher und die Kapazitäten für erneuerbare Energien müssten ausgebaut werden. Aufgrund ihrer geografischen Lage als Brücke zwischen Europa und Asien spielt die Türkei eine Schlüsselrolle in der regionalen Energiewende – vorausgesetzt, die Genehmigungsverfahren, die Speicherinfrastruktur und die Netzanschlüsse werden verbessert.

Wachstumsprognose positiv – Investitionstempo bleibt zurück

Trotz positiver Konjunkturprognosen sieht Allianz Trade Nachholbedarf beim Investitionstempo. Die neue wirtschaftspolitische Ausrichtung der Türkei und die erwartete BIP-Wachstumsrate von 2,5 % für 2025 bzw. 3 % für 2026 könnten einen Investitionsschub auslösen, so Moneta. Doch bislang bleibt das tatsächliche Investitionsniveau hinter dem Potenzial zurück.

Hauptgründe sind eine schwächelnde Auslandsnachfrage und eine reale Aufwertung der Türkischen Lira, wodurch exportorientierte Unternehmen unter Druck geraten. Zwar hat sich der Zugang zu Finanzmitteln verbessert, doch spiegelt sich dies bislang noch nicht ausreichend in den Investitionsentscheidungen der Privatwirtschaft wider.