Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat ihre Prognose für das weltweite Wirtschaftswachstum aufgrund zunehmender Unsicherheiten in der Handelspolitik gesenkt. In ihrem aktuellen Wirtschaftsausblick mit dem Titel „Mit Unsicherheit umgehen, Wachstum fördern“ rechnet die OECD für die Jahre 2024 und 2026 nun lediglich mit einem globalen Wachstum von 2,9 Prozent. Dies entspricht einem Rückgang um 0,2 Prozentpunkte im Vergleich zur Prognose vom März.
Die Organisation verweist auf eine spürbare Zunahme wirtschaftspolitischer Unsicherheiten in den letzten Monaten, welche das Vertrauen von Unternehmen und Konsumenten beeinträchtigt haben. Dies wirkt sich zunehmend dämpfend auf Investitionen und den internationalen Handel aus.
Türkei mit solidem, aber verlangsamtem Wachstum
Für die türkische Wirtschaft sagt die OECD für das Jahr 2024 ein Wachstum von 2,9 Prozent voraus, nach einem Plus von 3,2 Prozent im Vorjahr und 5,1 Prozent im Jahr 2023. Die verlangsamte Dynamik deutet laut Bericht auf eine strukturelle Neuausrichtung hin: weg vom konsumgetriebenen Wachstum, hin zu einer stärkeren Rolle des Nettoexports.
Für 2025 erwartet die OECD eine leichte Belebung auf 3,3 Prozent, mit einer allmählichen Erholung der Investitions- und Exporttätigkeit im Jahr 2026. Zentrale Herausforderung bleibt dabei ein strikter geld- und finanzpolitischer Kurs, der den privaten Konsum weiterhin einschränkt.
Inflation unter Kontrolle – geldpolitischer Spielraum wächst
Die straffe Geldpolitik hat laut OECD zur deutlichen Abschwächung der Inflation beigetragen. Die jährliche Teuerungsrate in der Türkei soll 2024 im Durchschnitt bei 31,4 Prozent liegen und 2025 auf 18,5 Prozent sinken. Bis Ende 2026 wird eine weitere Absenkung auf etwa 15 Prozent erwartet.
Vor diesem Hintergrund eröffnet sich für die türkische Zentralbank ab 2025 schrittweise Spielraum für Zinssenkungen. Unter der Voraussetzung, dass es zu keinen neuen globalen oder handelspolitischen Spannungen kommt, könnte der Leitzins bis Ende 2026 auf 25 Prozent sinken.
Exporte unter geopolitischem Druck
Zwar könnten protektionistische Maßnahmen der USA, wie etwa hohe Zölle, die türkische Wirtschaft indirekt beeinflussen, jedoch wären die Auswirkungen voraussichtlich begrenzt. Der Anteil der Exporte in die USA am türkischen Außenhandel liegt bei nur sechs Prozent, was etwa einem Prozent des BIP entspricht. Bereits seit 2018 unterliegt die Türkei US-Zöllen auf Stahl und Aluminium, was sich inzwischen in der Handelsstruktur niedergeschlagen hat.
Empfehlung: Reformkurs fortsetzen
Die OECD empfiehlt der Türkei, ihren wirtschaftspolitischen Stabilitätskurs konsequent fortzuführen. Ein berechenbares politisches Umfeld würde die Investitionsbereitschaft stärken und die Anziehungskraft für ausländische Direktinvestitionen erhöhen. Zudem könnten strukturelle Reformen das langfristige Wachstumspotenzial steigern.
Positiv hervorgehoben wird die geplante Reduzierung des Haushaltsdefizits, das 2024 bei 4,9 Prozent des BIP liegt und bis 2026 auf drei Prozent sinken soll. Grundlage hierfür sind ein Rückgang der Staatsausgaben und eine verbesserte Einnahmenlage.