Die deutlich über den Erwartungen liegende Inflation in der Türkei sowie jüngste politische Entwicklungen könnten die Zinspolitik der türkischen Zentralbank beeinflussen. Wie die Großbank ING in einer aktuellen Analyse schreibt, dürften diese Faktoren den geldpolitischen Entscheidungsprozess erschweren.
Hintergrund ist die jüngste Inflationsentwicklung. Die Teuerungsrate für August fiel höher aus als prognostiziert, was laut der Bank die anhaltenden Herausforderungen im Kampf gegen die Inflation bestätigt. ING hat daraufhin ihre Inflationsprognose für Ende 2025 von 29,5 auf 30,0 Prozent erhöht.
Trotz der hohen Preisanstiege rechnet die ING damit, dass die türkische Zentralbank (TCMB) ihren Leitzins bei ihrer anstehenden Sitzung in dieser Woche um 200 Basispunkte auf 41,00 Prozent senken wird. Für das Jahresende wird ein Zinsniveau von 37,00 Prozent erwartet. Allerdings werde laut der Bank die Volatilität an den Märkten eine kritische Rolle bei der endgültigen Entscheidung über das Ausmaß der Zinssenkung spielen.
Aufgrund der hohen Inflation wird der real positive Zins – also der Leitzins abzüglich der Inflationsrate – voraussichtlich auf absehbare Zeit hoch bleiben.
Gleichzeitig zeigte sich ING optimistischer hinsichtlich des Wirtschaftswachstums. Angesichts der robusten Inlandsnachfrage hat die Bank ihre BIP-Wachstumsprognose für 2025 von 2,7 Prozent auf 3,3 Prozent erhöht. Für das Jahr 2026 wird nun ein Wachstum von 4,0 Prozent statt bisher 3,5 Prozent erwartet.
ING prognostiziert für den Wechselkurs des US-Dollar zur türkischen Lira (USD/TRY) einen Anstieg auf 45,00 bis zum Ende dieses Jahres. Bis Ende 2026 könnte der Kurs sogar auf 53,00 steigen. Die türkische Zentralbank betrachtet die realen Währungsgewinne der Lira als natürliche Folge ihrer restriktiven Geldpolitik, welche die Nachfrage nach der Landeswährung erhöht. Zwar seien kurzfristig Schwankungen möglich, eine kumulative reale Aufwertung der Lira sei auf längere Sicht jedoch wahrscheinlich.