Im Jahr 2025 wird sich die Finanzkrise für viele Unternehmen weiter zuspitzen. Die Zahl der Konkursanträge, die als rechtliches Mittel zur Schuldenregulierung dienen, hat sich in den ersten fünf Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nahezu verdoppelt. Laut aktuellen Daten von Konkordatotakip.com erließen die Gerichte von Januar bis Mai insgesamt 967 vorläufige Konkursbeschlüsse. Das entspricht einem Anstieg von 97 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum im Jahr 2024.
Damit zeichnet sich ab, dass das Jahr 2025 einen neuen Rekord bei Insolvenzen brechen könnte. Im gesamten Jahr 2023 waren bereits 1 723 vorläufige Konkursentscheidungen gefallen – die bisher höchste Zahl seit Einführung dieses Instruments.
Textilindustrie besonders gefährdet
Die Krise trifft vor allem die Textilbranche hart: In den ersten fünf Monaten wurden in diesem Sektor 71 vorläufige Beschlüsse erlassen – mehr als in jeder anderen Branche. Es folgen die Bauwirtschaft mit 42 Fällen, die Metallverarbeitung mit 35, die Möbelindustrie mit 29 und die Kunststoffindustrie mit 26.
Neben der steigenden Anzahl von Anträgen wächst auch die Zahl endgültiger Entscheidungen. Im Mai wurden 164 endgültige Entscheidungen getroffen, während 129 Anträge abgelehnt wurden. Zudem stieg die Zahl der Insolvenzerklärungen im gleichen Zeitraum um 75 Prozent auf 77.
Kritik am aktuellen System
Die aktuellen Entwicklungen bereiten den Branchenvertretern Sorgen. Ahmet Öksüz, der Vorsitzende des Verbands der Textil- und Rohstoffexporteure von Istanbul (İTHİB), kritisiert das bestehende Verfahren als „sehr ungesund“. Er fordert eine Reform: Insolvenz solle sich ausschließlich auf staatliche und Bankforderungen beziehen und private Marktforderungen ausschließen.
„Derzeit führt das System dazu, dass ein Unternehmen durch Konkurs gerettet wird, während andere Unternehmen in der Lieferkette darunter leiden“, erklärt Öksüz. Er weist zudem auf Missbrauchsmöglichkeiten hin: „Ein Unternehmen beantragt Konkurs, führt seine Geschäfte weiter und kauft auf Vorauskasse bei anderen Firmen ein – so werden neue Gläubiger geschädigt.“
Darüber hinaus mahnt Öksüz an, dass persönliche Vermögenswerte von Firmeninhabern bei der Entscheidung über eine Insolvenz besser geschützt werden müssten. „Manche Geschäftsinhaber nutzen das Verfahren, um ihr Privatvermögen abzusichern“, so der İTHİB-Chef.