Die Istanbuler Industrie- und Handelskammer (ISO) hat die Ergebnisse ihrer jüngsten Studie „Die zweitgrößten 500 Industrieunternehmen der Türkei 2024” veröffentlicht. Diese Liste ergänzt die im Mai vorgestellte Rangliste der 500 größten Industrieunternehmen des Landes und beleuchtet insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen (KMU). Die Analyse zeigt eindrucksvoll: Während die nominalen Umsätze kräftig stiegen, blieben die realen Wachstumsimpulse weitgehend aus.
Umsätze steigen – realer Rückgang bleibt
Die 500 gelisteten Unternehmen steigerten ihre Umsätze aus der Produktion im Jahr 2023 um 41 Prozent auf insgesamt 1,393 Billionen Türkische Lira. Doch inflationsbereinigt ergibt sich ein leichter realer Rückgang von 0,1 %. Damit setzte sich die negative reale Entwicklung zum dritten Mal in Folge fort – wie schon bei den „Großen 500” zuvor.
Neuer Spitzenreiter mit Überraschungspotenzial
An die Spitze der Liste setzte sich die Istanbul Asfalt Fabrikaları mit einem Umsatz von 4,186 Milliarden Lira. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Yılmaz Redüktör mit 4,185 Milliarden Lira und Boyteks Tekstil mit 4,169 Milliarden Lira. Bemerkenswert ist, dass diese drei Unternehmen im Vorjahr noch auf den Plätzen 283, 412 und 490 lagen – ein beachtlicher Aufstieg.
Export: Textil treibt überdurchschnittliches Wachstum
Während die gesamte türkische Exportwirtschaft 2023 lediglich um 2,4 Prozent zulegte, steigerten die „Zweiten 500” ihre Ausfuhren um 6,2 Prozent auf 15,9 Milliarden US-Dollar. Diese positive Entwicklung ist vor allem der starken Exportleistung der Textil- und Bekleidungsindustrie zu verdanken, die in dieser Unternehmensgruppe überproportional vertreten ist.
Einbruch bei den Gewinnen
Trotz des Umsatzplus kam es zu massiven Gewinneinbußen: Der operative Gewinn sank um 18,9 % auf 118 Milliarden Lira und die operative Gewinnmarge rutschte von 12,6 % auf 7,3 %. Noch deutlicher fiel der Rückgang beim Vorsteuerergebnis aus: Es verringerte sich um 63,8 %, wodurch sich die Nettogewinnmarge auf 2,1 % verringerte. Als Mitverursacher gilt die inflationsbedingte Bilanzkorrektur mit einem rechnerischen Verlust von 20,6 Milliarden Lira.
Schulden wachsen langsamer
Die Bilanzanalyse zeigt ein erfreuliches Bild: Während die Gesamtverschuldung um 32,2 Prozent wuchs, stieg das Eigenkapital sogar um 41,3 Prozent. Der Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital verbesserte sich somit von 53,6 % auf 55,2 %. Dennoch bleibt die Belastung durch gestiegene Finanzierungskosten spürbar: Allein die Zinsausgaben legten um 45,4 Prozent zu.
Technologie- und Forschungsausgaben steigen
Hervorzuheben ist die positive Entwicklung im Bereich Forschung und Entwicklung (F&E): Mit 238 forschenden Unternehmen wurde ein Rekordhoch erreicht und die F&E-Ausgaben stiegen um 120 % auf 8,6 Milliarden Lira. Der Anteil der Hochtechnologie-Industrien bleibt mit 3,3 % jedoch gering. Der kombinierte Anteil der mittel- bis hochtechnologischen Branchen überschritt mit 31,3 % jedoch erstmals die 30-Prozent-Marke.
Löhne steigen deutlich
Trotz des nur leichten Beschäftigungswachstums von 2,2 % auf über 291.000 Arbeitskräfte stiegen die Lohn- und Gehaltszahlungen um 90,9 % – deutlich über der Inflationsrate. Dies stellt viele Unternehmen vor neue Herausforderungen bei der Kostenkontrolle.
Gleichgewicht in der Regionenverteilung wächst
Die regionale Verteilung der Unternehmen zeigt ein wachsendes industrielles Gleichgewicht innerhalb der Türkei. Mit 135 Unternehmen führt Istanbul das Feld weiterhin an, gefolgt von der Ägäischen Region mit 38 Unternehmen, Kocaeli und Gaziantep mit je 36 Unternehmen, Bursa mit 34 Unternehmen und Ankara mit 21 Unternehmen.
Branchenschwerpunkt: Ernährung, Chemie und Textil
Vier Branchen dominieren die Liste: Mit 108 Unternehmen liegt die Nahrungsmittelindustrie vorn, gefolgt von der Chemie-, Kunststoff- und Gummiindustrie (75 Unternehmen), der Textilindustrie (68 Unternehmen) sowie der Metall- und Maschinenindustrie (61 Unternehmen). Diese vier Sektoren machen rund 62 Prozent des Produktionsumsatzes der „Zweiten 500” aus.