Europas Autoindustrie atmet auf: EU lockert Verbot von Verbrennungsmotoren – Türkei als Profiteur

20.12.2025 – 18:00 Uhr

Die Europäische Union wird ihren strikten Plan, ab 2035 den Verkauf neuer Autos mit Verbrennungsmotor zu verbieten, voraussichtlich abschwächen. Nach Informationen aus EU-Kreisen plant die Europäische Kommission für Mitte Dezember eine Ankündigung, mit der der Ausstiegspfad flexibilisiert werden soll. Diese Kehrtwende hätte nicht nur weitreichende Folgen für die europäische Autoindustrie, sondern auch für wichtige Produktionsstandorte wie die Türkei.

Ursprünglich hatte die EU beschlossen, den Verkauf neuer Pkw mit Benzin- und Dieselmotoren – einschließlich Hybriden – ab 2035 zu verbieten. Dies galt als zentraler Baustein für das Ziel der Klimaneutralität bis 2050.
Unter massivem Druck von Automobilherstellern und einigen Mitgliedstaaten – allen voran Deutschland – wird diese Vorgabe nun jedoch überprüft und voraussichtlich aufgeweicht.

Anstelle eines vollständigen Verbots ab 2035 drängen die Industrie und ihre Fürsprecher darauf, bestimmte Technologien länger zuzulassen. Im Gespräch sind sogenannte Plug-in-Hybride oder Fahrzeuge mit Reichweitenverlängerern, also kleine Verbrennungsmotoren, die lediglich die Batterie nachladen. Deutschland und mehrere osteuropäische Länder mit großen Produktionsstätten deutscher Konzerne unterstützen diesen Kurs.

Die Kommission wird ihre konkreten Vorschläge zur Überarbeitung der Regelung bereits Ende 2025 – und damit früher als geplant – dem Europäischen Parlament zur Bewertung vorlegen. Für viele Kritiker gehe die Debatte inzwischen über eine simple Verschiebung des Stichtags hinaus, es werde „breitere Flexibilität innerhalb des Rahmens” gefordert.

Atempause für türkischen Autoboom

Eine Lockerung hätte erhebliche Auswirkungen auf die Türkei, einen der wichtigsten Automobilproduzenten Europas. Das Land exportiert rund 80 Prozent seiner Fahrzeugproduktion in die EU. Ein flexiblerer Zeitplan würde das Exportfenster für in der Türkei gefertigte Verbrenner- und Hybridmodelle verlängern.

Zudem könnten globale Marken, die im Land produzieren, ihre Elektrifizierungsstrategie behutsamer umsetzen. Sie müssten bestehende Produktionslinien für Verbrennungsmotoren dann nicht abrupt stilllegen. Die Branche beschäftigt direkt und indirekt Hunderttausende Menschen in der Türkei. Ein verlangsamter Ausstieg könnte den Druck auf den Arbeitsmarkt in der mittleren Frist verringern.

Da die Türkei ihre Emissions- und Technikvorschriften weitgehend an EU-Recht anpasst, würde Brüssel Ankara mit einem graduelleren Kurs mehr Spielraum für einen realistischen, gestaffelten eigenen Übergang bieten. Derzeit haben Elektroautos auf dem türkischen Heimatmarkt lediglich einen Anteil von 18 Prozent. Eine flexiblere EU-Regelung würde Benzin- und Hybridmodelle auch dort länger verfügbar halten.