Beim diesjährigen „Treffen zum Ökosystem Landwirtschaft“ in Istanbul zog der türkische Finanz- und Schatzminister Mehmet Şimşek eine selbstbewusste Zwischenbilanz zur wirtschaftlichen Entwicklung der Türkei. Im Mittelpunkt seiner Rede standen der entschlossene Kampf gegen die Inflation und umfangreiche Unterstützungsmaßnahmen für den Agrarsektor.
„Die Desinflation schreitet seit einem Jahr ununterbrochen voran“, betonte Şimşek und verwies dabei auf den Rückgang der jährlichen Inflationsrate auf den niedrigsten Stand der letzten dreieinhalb Jahre. Vor allem bei den Grundnahrungsmitteln sei die Teuerung auf rund 20 Prozent gefallen, während die Gesamtinflation aktuell bei etwa 35 Prozent liege. Für den Jahresabschluss rechnet die Regierung mit Werten im Bereich von 20 Prozent.
Landwirtschaft als strategische Säule
Der Agrarsektor genießt unter der aktuellen Regierung höchste Priorität. Im Haushalt für 2025 sind rund 706 Milliarden Lira an Mitteln vorgesehen, ein Großteil davon zur Unterstützung der Bauern. Über die staatliche Ziraat Bankası werden stark subventionierte Kredite vergeben. „1,2 Millionen Landwirte profitieren von über 700 Milliarden Lira an vergünstigten Darlehen, deren Zinssatz zu 70 Prozent vom Staat getragen wird”, erläuterte Şimşek.
Weitere Maßnahmen umfassen die vollständige Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Futter- und Düngemittel. Allein diese Maßnahme kostet den Staat im laufenden Jahr rund 115 Milliarden Lira. Auch in die Absicherung der Bauern gegen Naturkatastrophen wird investiert: 70 Prozent der Prämien für Agrarversicherungen werden vom Staat übernommen. Dennoch sind nur etwa ein Drittel der Landwirte versichert – einen Zustand, den Şimşek angesichts zunehmender Klimaextreme dringend ändern will.
Wirtschaftspolitische Gesamtstrategie zeigt Wirkung
Im Rahmen des „Mittelfristigen Programms“ (OVP) verfolgt die Regierung das Ziel, die Inflation dauerhaft auf einstellige Werte zu senken und das wirtschaftliche Gleichgewicht gleichzeitig zu stabilisieren. „Unsere außenwirtschaftliche Bilanz hat sich deutlich verbessert“, sagte Şimşek. Das Leistungsbilanzdefizit sei in den letzten zwei Jahren erheblich reduziert worden und liege nun bei nur noch 1 bis 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Gleichzeitig wächst die Widerstandskraft der türkischen Wirtschaft gegenüber externen Schocks. „Trotz zahlreicher Herausforderungen in den letzten drei Monaten – darunter regionale Konflikte und globale Handelsstreitigkeiten – konnte die Türkei ihre Stabilität bewahren“, so der Minister weiter. Die Währungsreserven seien im Mai wieder gestiegen und der Risikoaufschlag für türkische Staatsanleihen gesunken.
Große Visionen für eine starke Zukunft
Der Fokus der Regierung bleibt laut Şimşek klar: nachhaltiges, hohes Wachstum. Investitionen in industrielle Transformation, Digitalisierung, grüne Technologien sowie eine verstärkte Exportorientierung sollen die Wettbewerbsfähigkeit stärken. Besonders der soziale Wohnungsbau wird als Hebel gegen die Lebenshaltungskosten betrachtet, denn steigende Mieten gelten als treibender Faktor der Inflation.
Mit Blick auf die Zukunft zeigt sich der Minister optimistisch: „Die geopolitischen Unsicherheiten nehmen ab. Mit dem richtigen Programm und unter der Führung unseres Präsidenten wird sich die Türkei deutlich positiv von anderen Schwellenländern abheben.“ Das Land verfügt über große strukturelle Vorteile und das Potenzial, zur Produktionsdrehscheibe der Region zu werden – von der Industrie bis zur Landwirtschaft.