Die Europäische Union wird die Zollfreigrenze für Einfuhren unter 150 Euro ab dem Jahr 2026 abschaffen. Dies haben die EU-Finanzminister beschlossen. Das Vorhaben zielt vor allem auf die Dominanz chinesischer Online-Riesen wie Temu, Shein und AliExpress ab. Nun regt sich jedoch Widerstand aus einem EU-Nachbarland: Die Türkei hat offiziell eine Ausnahmeregelung beantragt.
Hintergrund ist die Sorge, der eigene E-Commerce-Markt im Volumen von sieben Milliarden US-Dollar könne durch die Neuregelung erheblich beeinträchtigt werden. Das türkische Handelsministerium hat einem Bericht von Beamten zufolge über seine Abteilung für internationale Abkommen einen entsprechenden Antrag im Rahmen des Zollunionsabkommens mit der EU gestellt.
Aus türkischer Sicht ist die geplante EU-Regelung zu unpräzise. Sie bezieht sich nicht explizit nur auf China, sodass auch türkische Exporteure von den neuen Zollabgaben betroffen sein könnten. Die EU hatte die Abschaffung der Bagatellgrenze als langfristige Maßnahme für mehr fairen Wettbewerb bezeichnet.
Die Dimensionen sind enorm: Im Jahr 2024 gingen bereits zwei Milliarden Pakete mit einem Wert unter 150 Euro in die EU, davon stammten 1,8 Milliarden von chinesischen Plattformen. Im vergangenen Jahr waren es sogar 4,6 Milliarden Kleinstpakete – das sind mehr als 145 pro Sekunde.
Einige EU-Mitgliedstaaten, darunter Frankreich, sowie die EU-Kommission drängen darauf, die Zollpflicht bereits zum Jahresbeginn 2025 und nicht erst 2028 einzuführen. Aus EU-Kreisen hieß es, man werde an einer „einfachen, temporären Lösung” arbeiten, um eine frühere Umsetzung zu ermöglichen.
Türkische Beamte betonten, dass Verhandlungen über eine Ausnahme bereits liefen. Sie verwiesen darauf, dass die Türkei ihre eigenen Regeln bereits 2024 verschärft habe. So wurde die Duty-Free-Schwelle für Importe von chinesischen Plattformen von 150 auf 30 Euro gesenkt.
Europäische Händler begrüßen das Ende der Zollfreigrenze. Sie beklagen seit Langem unlauteren Wettbewerb durch Plattformen aus Übersee, die sich oft nicht an die strengen EU-Produktvorschriften halten. EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič erklärte, die Einigung sende „ein starkes Signal, dass Europa es mit fairer Konkurrenz und der Verteidigung der Interessen seiner Unternehmen ernst meint”.