Die Türkei rüstet sich für den Umstieg ins 5G-Zeitalter. Mit der am 17. Oktober abgeschlossenen Frequenzauktion hat das Land einen entscheidenden Schritt in Richtung der sogenannten „Supernetze“ gemacht. Den größten Anteil der 5G-Frequenzen sicherte sich der Anbieter Turkcell, gefolgt von Türk Telekom und Vodafone. Insgesamt zahlen die drei Betreiber dem Staat rund 2,95 Milliarden US-Dollar.
Die neue Technologie soll ab dem 1. April 2026 zunächst in bevölkerungsreichen Regionen verfügbar sein und anschließend schrittweise auf das ganze Land ausgeweitet werden. 5G verspricht deutlich höhere Datenraten, extrem niedrige Latenzzeiten und eine stabile Verbindung für Millionen vernetzter Geräte – von Smartphones über Fahrzeuge bis hin zu Industrieanlagen.
Turkcell setzt auf personalisierte Tarife und neue Geräte
Turkcell-Chef Ali Taha Koç kündigte nach der Auktion eine neue Ära im Mobilfunk an: „Mit 5G beginnt die Zeit flexibler und individueller Tarife. Jeder Nutzer wird sein eigenes, auf ihn zugeschnittenes Angebot erhalten.” Nach Unternehmensangaben sollen 38 Millionen Kunden 38 Millionen verschiedene Tarifmodelle erhalten.
Auch der technische Umstieg soll einfacher verlaufen als beim Wechsel zu 4.5G. Statt einer gesonderten SMS-Freischaltung will Turkcell den Wechsel künftig per App oder automatisch ermöglichen. Das Ziel ist eine Netzabdeckung von rund 90 Prozent bis 2026.
Da viele ältere Geräte 5G noch nicht unterstützen, setzt der Anbieter auf Kooperationen mit Herstellern. Mit Samsung wurde bereits ein Vertrag über 100.000 5G-fähige Smartphones geschlossen. Koç rechnet damit, dass die Zahl kompatibler Geräte bis zum Starttermin deutlich steigen wird.
Milliarden für Infrastruktur und Rechenzentren
Parallel zum Netzausbau plant Turkcell weitere Investitionen in Rechenzentren. Insgesamt sollen 600 Millionen Euro in den Ausbau der Dateninfrastruktur fließen, um die Speicherung sensibler Informationen im Land zu gewährleisten, kündigte Koç an. „Wir wollen die Daten der Türkei in der Türkei halten und das Land zu einem regionalen Datenhub entwickeln”, so der Konzernchef.
Im Rahmen der Auktion erwarb Turkcell mehrere Frequenzpakete, darunter das A1-Paket für 429 Millionen Dollar sowie weitere B-Pakete für insgesamt mehrere hundert Millionen Dollar. Damit sicherte sich Turkcell laut Koç den größten Anteil des verfügbaren Spektrums – und somit „die breiteste digitale Autobahn“.
Was bedeutet 5G für Verbraucher?
Für Nutzer dürfte sich der Unterschied zu 4,5G vor allem in der Geschwindigkeit bemerkbar machen. Während bisher Datenraten zwischen 100 Megabit und 1 Gigabit pro Sekunde üblich waren, soll 5G diese Werte deutlich übertreffen. Zudem sinkt die Verzögerungszeit beim Datentransfer auf unter eine Millisekunde. Das ist ein entscheidender Faktor für Echtzeitanwendungen wie autonomes Fahren oder ferngesteuerte Operationen.
Auch das sogenannte „Fixed Wireless Access“ (FWA) gewinnt an Bedeutung. Damit sollen Haushalte in Regionen ohne Glasfaseranschluss künftig kabellos Internet mit Glasfaser-Geschwindigkeit erhalten.
Hintergrund: Vom 4.5G-Netz zum Supernetz
Die Türkei hatte den internationalen 4G-Start Anfang der 2010er Jahre bewusst verzögert und 2016 direkt auf LTE-Advanced (4.5G) gesetzt. Damit konnte das Land gegenüber klassischen 4G-Netzen zwar höhere Geschwindigkeiten erreichen, in der globalen Entwicklung blieb es aber etwas zurück.
Mit 5G will das Land nun aufschließen. Laut Prognosen des schwedischen Netzwerkausrüsters Ericsson könnte die Zahl der weltweiten 5G-Verträge bis 2027 jene von 4G überholen. Besonders in Nordamerika, Ostasien und Teilen Europas ist die Technologie bereits weit verbreitet.
Gesundheitsbedenken laut WHO unbegründet
Seit der Einführung von 5G werden immer wieder Bedenken hinsichtlich möglicher Gesundheitsrisiken geäußert. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es jedoch innerhalb der international festgelegten Grenzwerte keine Hinweise auf schädliche Wirkungen. 5G nutzt nicht-ionisierende Strahlung, die keine DNA-Schäden verursacht.