Der Beyşehir-See, der größte Süßwassersee der Türkei, kämpft mit einer alarmierenden Wasserknappheit. Im zentralanatolischen Becken hat sich der Wasserspiegel in den letzten Monaten drastisch zurückgezogen – an manchen Stellen ist das Ufer um bis zu 1.500 Meter gewichen.
Wo früher noch offene Wasserflächen waren, erstrecken sich heute trockene Weiden und Sumpfgebiete mit neu entstandenen Inseln. Hasan Kurt, Vorsitzender der Fischereigenossenschaft Beyşehir, steht auf dem einstigen Seegrund und erklärt: „Dieser See ist tot. Mehr gibt es nicht zu sagen. Die ganze Türkei sollte trauern.“
Der See bedeckt eine Fläche von 656 Quadratkilometern und versorgt die Konya-Ebene über den Çarşamba-Bach mit Wasser. Gleichzeitig ist er die Lebensgrundlage für über 400 Fischer in der Region. Doch heute sind Fischfang und Bootsfahrten nahezu eingestellt, während Nutztiere auf dem ausgetrockneten Boden grasen.
Kurt warnt vor den verheerenden Folgen für die Region: „Der Fischfang ist beendet, die Landwirtschaft bricht zusammen. Der See wird nur noch als Trinkwasserquelle genutzt – und auch das wird nicht mehr lange reichen. Bald droht Gestank von verrottendem Schlamm und toten Fischen.“
Experten und Anwohner machen den Klimawandel sowie die unkontrollierte landwirtschaftliche Bewässerung für die Krise verantwortlich. Zusätzlich haben Staudämme und Wasserspeicher an den Zuflüssen den natürlichen Wasserzufluss gestört.
„Wir sind nicht gegen den Bau von Staudämmen, aber Entwicklung darf nicht die Zerstörung der bestehenden Ressourcen bedeuten“, so Kurt. Viele Landwirte konnten ihre Zuckerrüben dieses Jahr nicht bewässern und mussten ihre Felder erneut pflügen. Die Verluste seien enorm.
Trotz Aufforderungen, auf wassersparende Techniken wie Tröpfchenbewässerung umzusteigen, stieß dies bei den Bauern oft auf Ablehnung. „Wir haben gesagt: ‚Verschwendet kein Wasser, der See gehört uns allen.‘ Doch viele sagten: ‚Warum sollen wir für vier Fischer sparen?‘ Jetzt ist der See fast verschwunden und alle leiden darunter“, klagt Kurt.
Die Genossenschaft fordert die Regierung zum Handeln auf und schlägt vor, Wasser aus dem 36 Kilometer entfernten Akçay-Bach umzuleiten, um den See wieder aufzufüllen. „Wenn die Akçay-Wasser durch einen Masterplan und Parlamentsbeschluss hierher geleitet werden, kann der See gerettet werden“, so Kurt. „Das ist kein lokales Problem mehr, sondern ein Problem der ganzen Türkei.“