Türkei: Flamingos bleiben lieber hier – Der Vansee wird zum neuen Überwinterungsparadies

Bilder: DHA
30.11.2025 – 14:00 Uhr

Im Vansee-Becken in Ostanatolien spielt sich ein ungewöhnliches Naturschauspiel ab: Flamingos, die normalerweise im Herbst nach Afrika ziehen, bleiben zunehmend auch im Winter in der Region. Grund dafür ist laut Experten das dramatische Austrocknen des iranischen Urumiye-Sees – ihr traditioneller Lebensraum.

Jedes Jahr im April verwandeln tausende Flamingos die Feuchtgebiete des Vansees in ein pinkfarbenes Panorama. Die Vögel kommen aus dem nahen Iran, um hier zu rasten und ihren Nachwuchs großzuziehen. Normalerweise verlassen sie die Region im Oktober oder November Richtung Süden. Doch das ändert sich.

„Flamingos verlassen den Vansee sogar im Winter nicht mehr“

Wie Prof. Dr. Lokman Aslan, Leiter des Wildtierrehabilitationszentrums der Universität Van Yüzüncü Yıl, berichtet, blieben im vergangenen Winter erstmals über 100 Flamingos dauerhaft am Vansee. Der Grund: Der Urumiye-See, einst einer der größten Salzseen der Welt, ist aufgrund von Dürre und Wasserentnahme fast vollständig ausgetrocknet.

„Ihre Lebensräume dort schrumpfen dramatisch. Deshalb kommen Flamingos nun viel früher zu uns – und bleiben viel länger“, erklärt Aslan. Bereits Anfang März treffen die ersten Vögel ein, und teilweise bleiben sie bis in den Dezember hinein.

Klimawandel verändert Zugverhalten

Auch die steigenden Temperaturen spielen eine Rolle. Mildere Winter machen den Vansee zu einem immer attraktiveren Überwinterungsgebiet. Die Region ist mit über 250 nachgewiesenen Vogelarten eine der artenreichsten Zonen der Türkei – und könnte nach Einschätzung Aslans künftig noch bedeutender werden.

„Wenn wir die Feuchtgebiete schützen, können wir in Zukunft bis zu 300 Arten beobachten – darunter Arten, die bisher hier nie gesichtet wurden“, sagt Aslan. Bereits in diesem Jahr seien außergewöhnlich viele Kraniche, Pelikane, Enten und Gänse am See gesichtet worden.

„Der Vansee kann ein neues Vogelparadies werden“

Der Wildtierexperte betont, dass zwei Faktoren entscheidend sind, damit Flamingos und andere Arten dauerhaft bleiben: Nahrung und Sicherheit.

„Wenn wir Lärm und Störungen minimieren, Jagdzeiten anpassen und die Feuchtgebiete nicht durch Landwirtschaft gefährden, wird der Vansee ein Ort, an dem das ganze Jahr über Flamingos, Gänse und Enten leben“, so Aslan.

Für die Region bedeutet das nicht nur ein ökologisches Highlight, sondern auch eine Chance: Der Vansee könnte zu einem neuen Zentrum des Naturtourismus werden – mit Geschichten und Bildern, die weit über die bekannte „Vansee-Legende“ hinausgehen.