Unter den bizarren Tuffsteinformationen und Feenkaminen Kappadokiens verbirgt sich ein kaum bekanntes, aber strategisch wichtiges Netzwerk: Tausende von Höhlen, die ursprünglich in das weiche vulkanische Gestein geschlagen wurden, dienen heute als natürliche Lagerstätten für Lebensmittel – insbesondere für Kartoffeln.
Während in der Türkei die Kartoffelernte in vollem Gange ist, rollen täglich Lastwagenladungen der Knollen in die Provinz Nevşehir im Herzen Anatoliens. Dort halten die unterirdischen Höhlen ganz ohne energieintensive Kühlung konstant niedrige Temperaturen – ideale Bedingungen für die Lagerung von Kartoffeln, Zitronen und anderen Erzeugnissen.
Derzeit gibt es in der Region 1.326 registrierte Lagerhöhlen, die zusammen bis zu 2,5 Millionen Tonnen Kartoffeln fassen können. Damit gilt Kappadokien als Zentrum der türkischen Vorratshaltung – obwohl Nevşehir selbst bei der Kartoffelproduktion landesweit nur auf Platz sieben liegt.
„Das vulkanische Gestein hält die Kartoffeln lange frisch – ganz ohne Energiekosten. Diese Felsen dienen sowohl dem Tourismus als auch der Landwirtschaft. Ein echter Vorteil für unsere Region“, sagt Kahraman Kaya, Vorsitzender der örtlichen Landwirtschaftskammer.
Auch wirtschaftlich sind die Höhlen ein Gewinn: Täglich verlassen rund 600 Lkw die Region, um Kartoffeln in alle Landesteile zu liefern. Jeder Transport schafft rund 15 Arbeitsplätze, erklärt Ali Köybaşı vom Verband der Kartoffelproduzenten. „Etwa die Hälfte der türkischen Jahresernte von fünf Millionen Tonnen wird hier unten gelagert.“
Die unterirdischen Kühlräume sind nicht nur energieeffizient, sondern auch systemrelevant für die Ernährungssicherheit des Landes. Kaya bringt es auf den Punkt: „Kartoffeln sind ein nationaler Schatz. Diese natürlichen Keller sichern das Überleben vieler Bauern – und unserer Lebensmittelversorgung.“
Während Kappadokien mit seinen Heißluftballons, Höhlenkirchen und Mondlandschaften Millionen Besucher verzaubert, bleibt sein verborgenes, unterirdisches Lagerlabyrinth ein stiller Held – ein perfektes Zusammenspiel von Natur, Geschichte und moderner Landwirtschaft