Mit Blick auf die Gefahr eines schweren Erdbebens im Marmarameer startet in den Istanbuler Stadtteilen Kartal und Tuzla ein neues Projekt zur Tsunami-Vorsorge. Das Vorhaben ist Teil des von der UNESCO unterstützten „CoastWave Project“, das von der Zwischenstaatlichen Ozeanographischen Kommission (IOC) koordiniert wird.
Bei der Auftaktveranstaltung im Katastrophenschutzamt erklärte Istanbuls Vize-Gouverneur Mahmut Hersanlıoğlu, dass eine umfassende Strategie zur Risikominimierung bereits laufe: „Unser Ziel ist es, materielle und emotionale Verluste durch Naturereignisse so weit wie möglich zu verhindern. Ein Tsunami ist ein Naturphänomen – aber ohne Vorbereitung kann er zur Katastrophe werden.“
Der Leiter der türkischen Katastrophenschutzbehörde AFAD in Istanbul, Professor Haluk Özener, betonte, dass die Türkei zu den 39 Mitgliedsstaaten des Projekts gehöre. Das Programm sei vor zwei Jahren im Bezirk Büyükçekmecegestartet und werde nun auf Kartal und Tuzla auf der asiatischen Seite der Stadt ausgeweitet.
In beiden Bezirken wurden bereits Risikobewertungen durchgeführt, Informationsveranstaltungen abgehalten und Notfallpläne entwickelt. Zudem werden Hinweistafeln überprüft, Aufklärungsbroschüren verteilt und Verantwortlichkeiten für Warnmeldungen und Evakuierungen festgelegt. Nach Abschluss der Vorbereitungen sollen Tsunami-Übungen stattfinden. Anschließend erhalten Kartal und Tuzla das Zertifikat „tsunami-sicher“.
Özener warnte eindringlich vor riskantem Verhalten im Ernstfall: „Viele Menschen gehen nach einem Erdbeben zum Meer, um zu beobachten, was passiert. Doch genau das ist lebensgefährlich. Wer ein Beben im Marmarameer erlebt, sollte sich ins Landesinnere und auf höher gelegenes Terrain begeben.“
Der Start des Projekts erfolgt nur wenige Monate nach dem Erdbeben der Stärke 6,2, das am 23. April bei Silivri im Marmarameer weite Teile Istanbuls erschütterte und die Sorgen vor einem noch stärkeren Beben mit möglichen Tsunami-Folgen erneut in den Vordergrund rückte.