Die Türkei rüstet ihr Erdbeben-Frühwarnsystem auf: Neue Sensoren auf dem Meeresboden des Marmarameers sollen die Warnzeit vor Beben künftig auf drei bis sechs Sekunden verkürzen und damit die Katastrophenvorsorge in Istanbul deutlich verbessern.
Bei einer Informationsveranstaltung stellten Experten des Kandilli-Observatoriums und Erdbebenforschungsinstituts die Pläne vor. Hintergrund ist ein Beben der Stärke 5 am 2. Oktober, bei dem das aktuelle System erst 8,4 Sekunden nach den ersten Erschütterungen Alarm auslöste.
Das Warnsystem registriert sogenannte P-Wellen, die schwächeren ersten Signale eines Erdbebens, die vor den zerstörerischen S-Wellen auftreten. Dadurch kann im Idealfall innerhalb weniger Sekunden ein Alarm ausgelöst werden.
Während moderne Stationen an Land die Datenübertragung bereits auf 0,2 Sekunden reduziert haben, fehlt es bisher an Sensoren direkt auf dem Meeresboden – was einen natürlichen Zeitverlust von rund sechs Sekunden verursacht, da die Wellen erst die Küste erreichen müssen.
Institutsdirektorin Prof. Nurcan Meral Özel erklärte, dass 30 neue Landstationen die durchschnittliche Verzögerung bereits von fünf bis sechs Sekunden auf zwei bis vier Sekunden gesenkt hätten. Die Schließung der Lücke im Offshore-Bereich habe nun oberste Priorität.
Der Plan sieht mindestens fünf voll vernetzte Meeresbodenstationen entlang der nördlichen Bruchlinie vor – allerdings sind die Installationskosten in der Tiefsee nach wie vor hoch. Das modernisierte System soll automatisch Sicherheitsmaßnahmen auslösen, darunter das Stoppen von Metro- und Zugverkehr, das Schließen von Gasleitungen, das Abschalten gefährdeter Stromlinien sowie automatische Schutzabläufe in Krankenhäusern und Schulen.
Das Frühwarnsystem, das zunächst nur einer kleinen Testergruppe zugänglich war, versorgt mittlerweile 1.500 bis 3.000 Nutzer. Zusätzlich hat das Institut eine mobile Warn-App für die breite Öffentlichkeit gestartet.