Der Geologe und Erdbebenexperte Prof. Dr. Şener Üşümezsoy hat mit neuen Einschätzungen zur seismischen Gefährdung in der Marmara-Region für Diskussionen gesorgt. Im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung warnt er nicht vor dem sogenannten Adalar-Verwerfungssystem (Prinzeninseln), sondern vor einer aktiven Zone westlich von Istanbul – vor der Küste von Silivri.
“Die Adalar-Verwerfung ist tot”
Üşümezsoy widerspricht gängigen Theorien über ein bevorstehendes „Megabeben“ in Istanbul. „Seit 20 Jahren sage ich, dass die Adalar-Verwerfung keine Gefahr mehr darstellt. Sie ist eine tote Störungszone“, so der Experte. Die eigentliche seismische Aktivität finde heute im westlichen Marmarameer statt.
Fokus auf Silivri-Feld
Laut Üşümezsoy befindet sich das Risikogebiet rund 35 Kilometer vor der Küste von Silivri. Die dortige Verwerfung sei etwa 35 Kilometer lang und liege in einer Tiefe von rund 10 Kilometern. Selbst im Fall eines Bruchs dieser Zone werde die Magnitude ein Erdbeben der Stärke 6,5 nicht überschreiten.
„Wenn diese Verwerfung reißt, erwarten wir ein Erdbeben unterhalb der Stärke 6,5“, betont der Wissenschaftler – und widerspricht damit zahlreichen Experten, die mit einem weitaus schwereren Beben im Raum Istanbul rechnen.
Neue Perspektive auf das Istanbul-Erdbebenrisiko
Üşümezsoys Aussagen stoßen in Fachkreisen auf geteilte Meinungen. Während viele Forscher seit Jahren vor einem möglichen Beben der Stärke 7,0 oder höher entlang der Nordanatolischen Verwerfung warnen, zeichnet Üşümezsoy ein weniger dramatisches, aber differenziertes Bild der Gefahrenlage.