(DHA) Nach den beiden Erdbeben, die Antalya am Montag erschütterten – um 03.30 Uhr ein Beben der Stärke 4,3 in Konyaaltı und um 13.21 Uhr ein weiteres mit 4,9 in Serik – hat der Vorsitzende der Ingenieurkammer (İMO) Antalya, Mehmet Soner Akdoğan, eindringlich vor falschen Prioritäten in der öffentlichen Debatte gewarnt.
Akdoğan betonte, dass die Ängste in der Bevölkerung weniger mit der Magnitude der Beben zu tun hätten, sondern mit dem mangelnden Vertrauen in die Gebäudesicherheit:
„Statt darüber zu sprechen, wo und wann das nächste Erdbeben kommt, sollten Bürgerinnen und Bürger die Sicherheit ihrer Gebäude hinterfragen. Unser eigentliches Problem sind nicht die Verwerfungen im Boden, sondern die Bauten selbst.“
„In entwickelten Ländern führen selbst starke Beben nicht zu hohen Verlusten“
Die jüngsten Erschütterungen seien an sich nicht außergewöhnlich, so Akdoğan. Entscheidend sei die bauliche Widerstandsfähigkeit:
„In vielen entwickelten Ländern führen Erdbeben bis zur Stärke 7 in der Regel nicht zu großen Schäden. Wir hingegen haben schon bei Stärke 6 Todesopfer. Der Grund dafür liegt nicht in den Faultlinien, sondern in der fehlenden Gebäudesicherheit.“
Besonders im stark sedimentierten, alüvialen Untergrund von Konyaaltı könne die Bodenbeschaffenheit die Erschütterungen zusätzlich verstärken.
Auch neue Gebäude haben massive Qualitätsprobleme
Der Ingenieur warnte ausdrücklich davor, das Problem allein auf ältere Bauten zu reduzieren. Auch bei Neubauten gebe es gravierende Mängel: unzureichende Kontrollen, fehlendes Fachpersonal in den Kommunen und „Schattenschichtführungen“ auf Baustellen. Zudem funktioniere das System der Bauaufsicht nicht so, wie es sollte.
Oft seien es sogar Berufsanfänger, die bei Kontrollen „erst lernen, wie es geht“.
Appell an die Bürger: „Fragen Sie nach – bevor Sie kaufen“
Nach Angaben Akdoğans erkundige sich kaum jemand vor dem Kauf einer Wohnung nach Betonklasse, Statik oder der Kompetenz des Bauträgers. Die Kammer biete jedoch kostenlose Beratung an.
Die İMO Antalya arbeitet nach eigenen Angaben mit mehreren Kommunen zusammen, um die Stadt langfristig erdbebensicherer zu machen.
„Wir müssen weg von der Diskussion über Uhrzeit und Ort des nächsten Bebens. Entscheidend ist: Ist das Gebäude, in dem wir leben, sicher? Heute ist unser Hauptproblem nicht die Natur – sondern die Bauqualität“, so Akdoğan.