(DHA) Die Wasserkrise in Izmir hat einen kritischen Punkt erreicht. Laut Prof. Dr. Doğan Yaşar ist der Wasserstand in den Stauseen auf ein historisches Tief gefallen, und auch die unterirdischen Wasservorräte sind weitgehend erschöpft. „In Bursa werden 10 Prozent des Wassers aus Grundwasser gewonnen, in Ankara und Istanbul ein Prozent – deren Reserven sind intakt. Wir hingegen haben unsere Reserven bereits aufgebraucht“, erklärte Yaşar.
Besonders betroffen ist der Tahtalı-Stausee, der den größten Teil der Trinkwasserversorgung der Stadt sichert. Mit nur noch 1,54 Prozent Füllstand befindet sich der Stausee auf seinem niedrigsten historischen Niveau. Um den Bedarf zu decken, wird nun verstärkt auf unterirdische Wasserquellen zurückgegriffen. Dies hat jedoch dazu geführt, dass die Brunnen immer tiefer gebohrt werden müssen, wodurch die Reserven des Grundwassers gefährdet sind.
Der aktive Wasserspeicher des Tahtalı-Stausees beträgt rund 300 Millionen Kubikmeter, davon sind nur noch etwa vier Millionen Kubikmeter verfügbar. Prof. Dr. Yaşar warnt: „Ende des Monats könnte der Pegel unter ein Prozent fallen. Letztes Jahr wurden zu diesem Zeitpunkt täglich 230.000 Kubikmeter entnommen, inzwischen nur noch 50.000 Kubikmeter. Das Ziel ist es, den Stausee psychologisch nicht vollständig zu leeren. Wasser aus dem toten Volumen des Gördes-Stausees zu entnehmen, ist ein großer Fehler.“
Izmir sei eine wasserarme Stadt, betont Yaşar: Während die jährliche Pro-Kopf-Wasserverfügbarkeit in der Türkei bei 1.340 Kubikmetern liegt und unter 1.000 Kubikmeter als Mangel gilt, komme Izmir nur auf 600 Kubikmeter. Schon bei voller Stauseefüllung werde rund die Hälfte des Wassers aus Grundwasser entnommen – viele Brunnen seien mittlerweile über 300 Meter tief. „Das Wasser stammt aus Niederschlägen, die vor 2.000 bis 3.000 Jahren gefallen sind“, so Yaşar.
Appell zur Nutzung von Grauwasser
In der Kläranlage Çiğli wird täglich etwa 600.000 Kubikmeter Grauwasser ins Meer geleitet. Yaşar fordert, dieses Wasser für die Landwirtschaft aufzubereiten und in die Menemen- und Gediz-Ebene zu leiten. „Wenn wir für die Landwirtschaft Grundwasser entnehmen, gefährden wir langfristig die Reserven. Grauwasser muss genutzt werden“, so der Experte.
Die städtischen Wasserabschaltungen zwischen 23:00 Uhr und 05:00 Uhr bringen täglich rund 100.000 Kubikmeter Einsparung, doch Prof. Dr. Yaşar betont: „Die Abschaltungen sollten auf zwölf Stunden ausgeweitet werden, um das Grundwasser zu schützen. Es geht nicht um Politik, sondern um den Erhalt des Lebens in Izmir.“
Er warnt eindringlich: „Wenn das Wasser versiegt, steht Izmir still. Rund 65 bis 70 Prozent des Wassers stammen aus Grundwasser. Dieses ist kein unerschöpflicher Vorrat. Während Stauseen innerhalb von zwei bis drei Jahren wieder auffüllen können, dauert es für die Grundwasserleiter 20 bis 30 Jahre. Schutzmaßnahmen sind dringend notwendig.“