Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) prüft derzeit, ob er künftig eine finanzielle Entschädigung erhalten kann, wenn in Deutschland ausgebildete Spieler später für andere Nationalmannschaften auflaufen. Auslöser der Diskussion ist die wachsende Zahl von Fußballern mit türkischen Wurzeln, die sich nach einer Ausbildung im deutschen System für die türkische Nationalelf entscheiden.
Zu den prominentesten Beispielen zählen Kenan Yıldız von Juventus Turin und Can Uzun von Eintracht Frankfurt. Beide wurden in Deutschland geboren und ausgebildet, entschieden sich dann aber für die Türkei. Der Fall verdeutlicht ein grundlegendes Problem des deutschen Nachwuchssystems: Viele Spieler besitzen die doppelte Staatsbürgerschaft und können sich im Laufe ihrer Karriere für eine Nation entscheiden.
DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig erklärte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa), es sei „nicht nachvollziehbar“, dass Spieler, die über Jahre vom Verband gefördert wurden, ohne jede Gegenleistung den Fußballverband wechseln könnten. Der DFB untersuche derzeit, ob ein Modell zur sogenannten „Ausbildungsentschädigung“ entwickelt werden könne. Voraussetzung hierfür wäre allerdings eine Genehmigung durch den Weltverband FIFA.
„Das Thema ist bisher noch nicht umfassend behandelt worden“, sagte Rettig. „Aber Ausbildung muss sich für beide Seiten lohnen – für den Spieler und für den Verband.“
In den vergangenen Jahren hatte der deutsche Fußball stark von Spielern mit Migrationshintergrund profitiert. Stars wie İlkay Gündoğan und Mesut Özil, die türkische Wurzeln haben, prägten das DFB-Team über Jahre hinweg. Doch die jüngste Entwicklung zeigt einen Trend in die entgegengesetzte Richtung: Immer mehr deutsch-türkische Talente entscheiden sich für den türkischen Verband.
Laut Rettig spiegelt dieses Phänomen auch die gesellschaftliche Realität in Deutschland wider. Inzwischen besitzen rund 43 Prozent der Kinder unter fünf Jahren zwei Staatsangehörigkeiten. „Wenn sie zehn oder zwölf Jahre älter sind, müssen sie sich entscheiden: den deutschen Adler oder etwa den türkischen Halbmond“, sagte Rettig. In einigen Altersklassen der DFB-Juniorenteams hätten sieben bis acht Spieler der Startelf eine doppelte Staatsbürgerschaft.