„Alles wird teurer“ – diese Wahrnehmung ist in Deutschland weit verbreitet. Tatsächlich sind die Preise für viele Alltagsausgaben in den vergangenen zwei Jahrzehnten gestiegen. Ein direkter Vergleich mit den Einkommen zeigt jedoch: Das Bild ist komplexer, als es der Eindruck an der Supermarktkasse oder an der Dönerbude vermuten lässt.
Im Jahr 2006 hatte RTL in Köln die Preise für verschiedene Konsumgüter wie Imbissgerichte, Kinotickets oder Friseurbesuche dokumentiert. Dieselben Stichproben wurden nun, fast zwei Jahrzehnte später, an denselben Orten wiederholt. Das Ergebnis: Die Kosten für alltägliche Angebote liegen heute deutlich höher.
Allerdings ist auch das Einkommen gestiegen. Laut dem Statistischen Bundesamt erhöhten sich die Bruttolöhne zwischen 2006 und 2024 im Durchschnitt um 59 Prozent. Die Verbraucherpreise kletterten im gleichen Zeitraum lediglich um 44 Prozent. „Die Entwicklung der letzten Jahre war tatsächlich positiv. Die Verdienste sind stärker gestiegen als die Verbraucherpreise“, sagte Kathrin Kann, Leiterin des Referats „Verdienste, Überschuldung“ beim Bundesamt.
Warum dieser Umstand im Alltag kaum auffällt, erklärt ihr Kollege Karsten Sandhop, der für die Preisstatistik zuständig ist: „Menschen nehmen Verluste stärker wahr als Gewinne. Preisanstiege empfinden sie deutlicher als die Freude über sinkende Preise.“
Neben den Preisen bleibt auch die Frage nach sozialer Gerechtigkeit bestehen. Zwar ist die Einkommensungleichheit seit den 2000er-Jahren relativ stabil, sie verharrt jedoch auf einem hohen Niveau. Noch stärker ausgeprägt ist die Vermögensungleichheit, die kaum zurückgeht. Gleichzeitig ist die Armutsquote in Deutschland in den vergangenen Jahren angestiegen.
Für viele Verbraucher spielen solche Statistiken im Alltag allerdings kaum eine Rolle. Wer an der Kinokasse oder beim Friseur zahlt, erinnert sich vor allem daran, dass es „früher billiger“ war – selbst wenn die Löhne schneller gestiegen sind als die Preise.