Nach dem mysteriösen Tod einer vierköpfigen Familie in einem Hotel im Istanbuler Stadtteil Fatih richtet sich der Verdacht nun klar auf einen chemischen Gasunfall. Ermittler gehen davon aus, dass das extrem giftige Schädlingsbekämpfungsmittel Aluminiumphosphid in das Zimmer der Familie gelangt sein könnte – vermutlich über das Lüftungssystem eines benachbarten, kurz zuvor behandelten Raums.
Die Familie Böcek, die in Deutschland lebte und für einen Urlaub nach Istanbul gereist war, war am 12. November plötzlich erkrankt. Die Kinder Kadir Muhammet (6) und Masal (3) starben bereits am 13. November. Die Mutter Çiğdem Böcek (27) erlag zwei Tage später ihren Symptomen. Der Vater Servet Böcek (36), der im Krankenhaus zunächst beatmet wurde, verstarb am 17. November trotz aller medizinischen Bemühungen.
Zunächst war ein Zusammenhang mit Straßenessen in Ortaköy vermutet worden, doch diese Spur gilt inzwischen als unwahrscheinlich.
Der Istanbuler Gesundheitsdirektor Doç. Dr. Abdullah Emre Güner erklärte: „Nach den zwei Kindern und der Mutter hat leider auch der Vater Servet Böcek trotz aller Interventionen sein Leben verloren.“
Hotel versiegelt – 13 Festnahmen
Inzwischen wurden 13 Personen festgenommen, darunter Mitarbeiter des Hotels sowie Angestellte der Schädlingsbekämpfungsfirma, die in den Tagen zuvor auf dem Gelände gearbeitet hatte.
Behörden sammelten Proben aus den Hotelzimmern – darunter Bettwäsche, Textilien und Trinkwasser – und untersuchten die Räume auf chemische Stoffe und mögliche Gaslecks. Nach der Inspektion wurde das Hotel durch die Gemeinde Fatih versiegelt. Andere Gäste wurden in umliegende Hotels umquartiert.
Ein Pestizid ohne Gegenmittel
Aluminiumphosphid wird in einigen Ländern – darunter auch in der Türkei – gegen Kakerlaken und Bettwanzen eingesetzt. Die Substanz ist jedoch hochtoxisch und besitzt kein Antidot. Schon geringe Mengen können tödliches Atem- und Organversagen auslösen.
Mehrere weitere Gäste erkrankten
Kurz nach dem Tod der Familie wurden auch zwei ausländische Touristen, die in einem anderen Zimmer des Hotels untergebracht waren, mit Übelkeit und Erbrechen ins Krankenhaus eingeliefert. Beide befinden sich laut Behörden in stabiler Verfassung.
Ermittlungen laufen auf Hochtouren
Die Staatsanwaltschaft prüft nun unter anderem fahrlässige Tötung, unsachgemäße Anwendung von Schädlingsbekämpfungsmitteln und mögliche Verstöße gegen Sicherheitsrichtlinien. Die Leichname wurden zur weiteren Untersuchung in das Institut für Gerichtsmedizin überführt.