Die archäologischen Arbeiten in der antiken Stadt Lyrbe, unweit der Stadt Manavgat in der türkischen Provinz Antalya, stehen nach einer 50-jährigen Pause erneut im Mittelpunkt wissenschaftlicher und öffentlicher Aufmerksamkeit. Nun wird das Projekt auch in Deutschland vorgestellt: Am Montag, den 7. Juli, findet an der Goethe-Universität Frankfurt eine Präsentation für Fachpublikum und potenzielle Förderer statt. Veranstaltungsort ist der „Skulpturensaal“ (Antikensammlung) der Universität.
Die Veranstaltung wird gemeinsam von der Abteilung für Klassische Archäologie der Universität Frankfurt und der Kultur- und Tourismusabteilung des türkischen Generalkonsulats Frankfurt organisiert.
Die archäologischen Arbeiten in Lyrbe – einem antiken Ort in der historischen Region Pamphylien, zu der auch bekannte Stätten wie Side, Perge und Aspendos gehören – begannen 2021 erneut mit Genehmigung des türkischen Kultur- und Tourismusministeriums. Die Leitung des Projekts hat Dr. Işıl Işıklıkaya-Laubscher, Dozentin an der Universität Frankfurt, inne. Sie erklärte, dass man nach vier Jahren Oberflächenforschung in naher Zukunft mit systematischen Ausgrabungen beginnen wolle. Der entsprechende Antrag an das Ministerium sei bereits gestellt worden; die Arbeiten sollen unter Leitung des Museums von Side erfolgen.
Işıklıkaya-Laubscher koordiniert ein interdisziplinäres Team aus Archäologen, Architekten, Geografen und Studierenden aus Frankfurt, Wiesbaden und München. Ziel der Veranstaltung sei es, die Bekanntheit des Projekts zu steigern und zusätzliche Unterstützer für die nächsten Phasen der Arbeiten zu gewinnen.
Die Ausgrabungsstätte befindet sich in der Nähe des ehemaligen Dorfes Şıhlar, heute bekannt als Bucakşeyhler Mahallesi, im ländlichen Hinterland von Manavgat. Zu den institutionellen Projektpartnern gehören die Universität Istanbul, die Technische Universität Istanbul sowie die Hochschule RheinMain (Wiesbaden). Unterstützt wird das Projekt darüber hinaus von der Landratsverwaltung Manavgat, dem AKMED-Zentrum der Koç-Universität, der Princeton University (USA), dem französischen ENS-Forschungsinstitut AOROC und der Architektenkammer von Manavgat.
Ein weiteres archäologisches Projekt der Universität Frankfurt wird derzeit im antiken Priene bei Söke (Aydın) durchgeführt. Diese als „Pompeji Anatoliens“ bekannte Stätte wird unter der Leitung von Prof. Dr. İbrahim Hakan Mert gemeinsam mit der Universität Bursa erforscht.
Die Stadt mit vielen Namen – und großem Rätselpotenzial
Die erstmals gegen Ende des 19. Jahrhunderts von Forschern dokumentierte antike Stadt wurde lange als „Seleukeia“ identifiziert – benannt nach dem Diadochenherrscher Seleukos Nikator. Da jedoch feststeht, dass diese Stadt ursprünglich an der Küste lag, wird heute angenommen, dass es sich bei der Anlage im heutigen Hinterland um das antike Lyrbe handelt, das in der östlichen Pamphylia verortet wird. Zwar wurde bisher kein schriftlicher Nachweis mit dem Stadtnamen entdeckt, jedoch wird die Bezeichnung „Lyrbe“ allgemein verwendet.
Lyrbe war vom Hellenismus über die römische Kaiserzeit bis in die byzantinische Epoche hinein besiedelt. Es wird angenommen, dass die Stadt ab dem 7. Jahrhundert durch arabische Angriffe an Bedeutung verlor. In der Stadt gefundene Inschriften in Altgriechisch und Sideisch deuten auf eine noch ältere, lokal-anatolische Bevölkerung hin. Die kommenden Grabungen sollen insbesondere zur Frühgeschichte der Region neue Erkenntnisse liefern.
Die ersten Ausgrabungen wurden 1946 von Prof. Dr. Arif Müfit Mansel, dem Gründer des Lehrstuhls für Klassische Archäologie an der Universität Istanbul, durchgeführt. In den Jahren 1972 bis 1979 folgte Prof. Dr. Jale İnan, die erste türkische Archäologin, mit Rettungsgrabungen in der schwer zugänglichen Anlage, die damals nur mit Lasttieren erreicht werden konnte. Zahlreiche der in dieser Zeit geborgenen Skulpturen werden heute im Archäologischen Museum Antalya ausgestellt.
Großes touristisches Potenzial – aber fehlender Schutz
Obwohl Lyrbe mit seiner Lage im Kiefernwald, seiner historischen Architektur und der Nähe zu Manavgat bei Safaritouristen, Wandergruppen und Naturfotografen beliebt ist, besitzt die Anlage keinen offiziellen Status als archäologische Stätte (Örenyeri). Daher kann das touristische Potenzial nicht ausgeschöpft werden.
Fehlender Schutz führt zu Problemen: unkontrollierter Autoverkehr, Brandgefahr (insbesondere nach dem Großbrand von 2021, der auch Lyrbe beschädigte) und illegale Schatzsuchen setzen der empfindlichen Bausubstanz massiv zu. Daher wird eine baldige staatliche Anerkennung als Örenyeri dringend erwartet.
Während der Sommermonate treffen Besucher der Region immer wieder auf das deutsche Archäologenteam vor Ort – und haben dabei oft die Gelegenheit, sich direkt über die Arbeiten zu informieren.
Ein digitaler 3D-Rundgang durch die antike Stadt ist unter folgendem Link abrufbar:
https://www.4scans.com