Istanbul im Ernstfall-Test: Erdbeben-Übung deckt alarmierende Schwächen auf

01.05.2025 – 10:00 Uhr

Eine groß angelegte Erdbebenübung in Istanbul hat erhebliche Lücken in der Katastrophenvorsorge der Stadt offenbart. Ziel des zweitägigen Einsatzes war es, das Gesundheits-Notfallkonzept Istanbuls unter realistischen Bedingungen zu testen – insbesondere im Fall eines schwerwiegenden Erdbebens. Dabei waren Einsatzkräfte aus 16 Provinzen beteiligt.

Abdullah Emre Güner, der Gesundheitsdirektor der Provinz Istanbul, zog nach der Übung ein ernüchterndes Fazit: „Auf dem Papier sieht alles gut aus. Doch sobald wir in den praktischen Einsatz gingen, wurden die Schwächen erneut deutlich sichtbar.“ Er warnte eindringlich vor Selbstzufriedenheit angesichts der enormen Bevölkerungszahl und der zentralen Bedeutung Istanbuls für das türkische Gesundheitssystem.

Mit rund 16 Millionen Einwohnern und 40 Prozent der landesweiten Gesundheitsversorgung sei es laut Güner entscheidend, dass die Stadt in den ersten 12 Stunden nach einem Erdbeben autark funktionieren könne. Jede unterstützende Provinz müsse bereits im Voraus wissen, wo ihre Teams eingesetzt werden und welche Aufgaben sie übernehmen, betonte er.

Die Übung fand wenige Tage nach dem schweren Erdbeben der Stärke 6,2 am 23. April statt, das Istanbul erschütterte und zahlreiche Nachbeben nach sich zog. Auch in Elazığ (27. April) und Kütahya (28. April) wurden weitere kleinere Erschütterungen registriert – ein deutliches Signal für die wachsende seismische Bedrohung in der Türkei.

Istanbuls Vize-Gouverneur Mahmut Hersanlıoğlu unterstrich die Bedeutung solcher Übungen, die nicht dazu dienen, Erfolge zu feiern, sondern Schwachstellen aufzudecken, bevor eine Katastrophe eintritt.

An der Übung nahmen rund 1.826 medizinische Einsatzkräfte, 30 Krankenhäuser, 10 Gesundheitszentren, 7 Bezirksgesundheitsämter, ein Feldlazarett und zahlreiche mobile Einheiten teil. Im Szenario wurden 250 Verletzte aus Trümmern geborgen und in verschiedene Einrichtungen der Stadt verlegt.