Grünes Licht für Handgepäck-Gebühren: EU ebnet Weg für neue Fluggastrechte

15.06.2025 – 15:00 Uhr

Die EU-Verkehrsminister haben am Donnerstag eine weitreichende Reform der Fluggastrechte beschlossen und dabei die Tür für zusätzliche Gebühren beim Handgepäck geöffnet. Trotz des Widerstands vonseiten Deutschlands, Spaniens, Portugals und Sloweniens stimmte eine Mehrheit der Mitgliedstaaten für die neuen Vorschriften. Die Entscheidung sorgt für heftige Diskussionen.

Im Zentrum der Kontroverse steht: Künftig dürfen Fluggesellschaften für herkömmliches Handgepäck zusätzliche Gebühren erheben. Lediglich ein kleines Gepäckstück, das unter den Vordersitz passt, soll weiterhin kostenlos erlaubt sein. Diese Regelung steht im Widerspruch zu bisherigen Urteilen des Europäischen Gerichtshofs, der das Handgepäck als grundlegenden Bestandteil der Flugbeförderung eingestuft hatte.

Klarere Regeln bei Verspätungen

Neben der umstrittenen Gepäckregelung enthält das Paket eine Reihe von Verbesserungen für Fluggäste. So müssen Fluggesellschaften bei Flugausfällen künftig schneller Alternativen anbieten, auch mit anderen Airlines oder Verkehrsmitteln. Kommt innerhalb von drei Stunden kein Angebot, dürfen Passagiere selbst buchen und bis zu 400 Prozent des ursprünglichen Ticketpreises zurückverlangen.

Bei Verspätungen auf Kurzstrecken unter 3.500 Kilometern gibt es ab vier Stunden 300 Euro Entschädigung, bei Langstrecken ab sechs Stunden sind es 500 Euro. Die bisher oft genutzte Ausrede „außergewöhnlicher Umstände“ soll nur noch greifen, wenn die Airline nachweist, alles zur Vermeidung der Verspätung getan zu haben.

Auch die Betreuungspflicht wird verschärft: Bei Verzögerungen müssen Essen, Getränke und eine Unterkunft bereitgestellt werden – andernfalls dürfen Passagiere diese selbst organisieren und die Kosten einfordern.

Mehr Transparenz und feste Fristen für Beschwerden

Ein weiterer Eckpunkt der Reform ist, dass die Airlines ihre Passagiere künftig klar über deren Rechte informieren müssen – sowohl bei der Buchung als auch im Reklamationsfall. Für Beschwerden gilt nun eine Frist von sechs Monaten und die Fluggesellschaften müssen innerhalb von 14 Tagen antworten.

„Diese Reform ist ein historischer Meilenstein. Sie bringt mehr als 30 neue Rechte für Fluggäste – vom Ticketkauf bis zur Ankunft“, erklärte der polnische Infrastrukturminister Dariusz Klimczak, dessen Land derzeit den Vorsitz im EU-Rat innehat.

Verbraucherschützer sprechen von Rückschritt

Weniger begeistert äußerte sich die europäische Verbraucherorganisation BEUC. Sie kritisierte insbesondere die Handgepäckregelung als „massiven Rückschritt“: „Fluggesellschaften erhalten freie Hand, für Gepäck Gebühren zu verlangen, das bislang als selbstverständlich galt“, sagte BEUC-Generaldirektor Agustín Reyna.

Auch die neuen Schwellenwerte für Entschädigungen seien problematisch. „Viele Verspätungen liegen unter den neuen Grenzen, was dazu führt, dass ein Großteil der Passagiere leer ausgeht“, so Reyna. Bereits 2024 hatte BEUC eine Beschwerde gegen die Gepäckgebühren bei der EU-Kommission eingereicht.

Parlament am Zug: Kritik an Eilverfahren

Bevor die neuen Regeln in Kraft treten, muss das Europäische Parlament seine Position festlegen. Erst danach beginnen die sogenannten Trilogverhandlungen mit Rat und Kommission. Verbraucherschützer bemängeln jedoch das beschleunigte Verfahren, das nur noch eine absolute Mehrheit im Parlament verlangt und wenig Raum für öffentliche Debatten lässt.