Die türkische Katastrophenschutzbehörde AFAD hat erste technische Analysen des Erdbebens veröffentlicht, das sich gestern um 12.49 Uhr Ortszeit im Marmarameer ereignet hat. Das Beben erreichte eine Stärke von 6,2 auf der Richterskala und war in einem Umkreis von 300 Kilometern zu spüren – auch in der Metropole Istanbul.
Nach Angaben der AFAD ereignete sich das Beben in einem Segment des nordanatolischen Verwerfungssystems, genauer im zentralen Teil des Marmara-Grabens. Der Erdstoß dauerte rund 13 Sekunden und ereignete sich in einer Tiefe von etwa sieben Kilometern.
15 Kilometer langer Bruch – 30 Zentimeter Verschiebung
Die AFAD-Analyse zeigt, dass das Beben eine horizontale Verschiebung entlang einer etwa 15 km langen und 9,5 km breiten Bruchzone verursachte. Die Bewegung war rechtsdrehend, was den typischen Merkmalen der Nordanatolischen Verwerfung entspricht. Entlang der Bruchlinie wurde eine Verschiebung von etwa 30 Zentimetern gemessen.
Über 180 Nachbeben – weitere Erschütterungen möglich
Seit dem Hauptbeben wurden laut AFAD bereits 184 Nachbeben registriert, davon sieben mit einer Magnitude von 4,0 oder größer. Die Nachbeben konzentrieren sich vor allem entlang einer 10 bis 15 Kilometer langen Linie östlich des Epizentrums – insbesondere am nördlichen Rand des zentralen Marmara-Grabens in der Nähe der Hauptverwerfung.
AFAD warnt, dass auch in den kommenden Tagen mit weiteren spürbaren Nachbeben zu rechnen ist. Die Bevölkerung wird daher zu Vorsicht und Ruhe aufgerufen.
Schadensmeldungen und Sicherheitshinweise
Bisher sind über 10.000 Anrufe bei der zentralen Notrufnummer 112 eingegangen, davon 296 mit konkreten Hinweisen auf Gebäudeschäden. Expertenteams des Ministeriums für Umwelt, Stadtplanung und Klimawandel sind derzeit im Einsatz, um die betroffenen Gebäude vor Ort zu inspizieren.
AFAD appelliert eindringlich an die Bevölkerung, beschädigte Gebäude nicht zu betreten, bis eine offizielle Überprüfung durch Experten stattgefunden hat. Bürgerinnen und Bürger, die einen Gebäudeschaden vermuten, werden gebeten, sich direkt an den Notruf zu wenden.
Warnung vor Falschinformationen
Die Behörde mahnt auch zur Vorsicht bei der Verbreitung von nicht verifizierten Informationen über soziale Medien. Es wird empfohlen, sich ausschließlich auf offizielle Mitteilungen der Behörden zu verlassen.
Die AFAD und das eigens eingerichtete „Erdbeben-Wissenschaftskomitee“ kündigten an, die Entwicklung weiter genau zu beobachten und regelmäßig aktuelle Informationen zur Lage zu veröffentlichen.