Erdbebenexperte Moriwaki: Jeder zweite Bau in der Türkei ist illegal – Risiko bleibt enorm

Bild: DHA
28.11.2025 – 8:00 Uhr

(DHA) Der japanische Erdbebenexperte Yoshinori Moriwaki hat bei einer Konferenz an der Selçuk Universität in Konya eindringlich vor der hohen Erdbebengefährdung in der Türkei gewarnt. Der Ingenieur, der seit 35 Jahren im Land lebt, erinnerte daran, dass die Türkei weltweit an dritter Stelle bei erdbebenbedingten Todesfällen steht – und dass strukturelle Probleme weiterhin ungelöst seien.

Moriwaki betonte, dass die Türkei und Japan geologisch viele Gemeinsamkeiten teilen: In Japan verlaufen vier, in der Türkei sogar sechs aktive Erdplatten. Besonders der Nordanatolische Faultrog sei einer der bedeutendsten der Welt. „Man muss die Realität akzeptieren: Die Türkei ist ein Erdbebenland. Vorbereitung ist überlebenswichtig“, sagte der Experte.

„50 Prozent der Gebäude sind illegal“

Besonders scharf kritisierte Moriwaki die unzureichende Bauaufsicht. Obwohl das Gesetz zur Gebäudekontrolle bereits im Jahr 2001 in Kraft trat und zunächst 19 Pilotregionen umfasste, gebe es auch heute noch Provinzen, die trotz hoher Erdbebengefährdung nie ordnungsgemäß kontrolliert wurden.

Laut Moriwaki umfasst der Gebäudebestand der Türkei über 21 Millionen Bauwerke – davon seien „mindestens 50 Prozent illegal errichtet, also ohne ordnungsgemäße Genehmigung oder Sicherheitsprüfung“. Dies stelle im Ernstfall ein massives Risiko für die Bevölkerung dar.

Regionale Risikobewertung

Der Experte ordnete auch verschiedene Regionen in Bezug auf Erdbebenrisiken ein:

  • Balıkesir: „Dort erwarte ich kein großes Erdbeben.“

  • Bursa und Bandırma: Weiterhin riskant.

  • Kırklareli: „Die sicherste Provinz der Türkei.“

  • Karadeniz-Region (bis auf Samsun): Relativ geringes Risiko.

  • Konya, Niğde, Karaman: Zwar kleinere Erschütterungen, aber kein großes Beben zu erwarten.

„Es ist Zeit, umzudenken“

Moriwaki machte deutlich, dass die Türkei dringend handeln müsse:
„Als jemand, der dieses Land liebt und seit Jahrzehnten hier arbeitet, sage ich das mit Sorge: Wir müssen diese Situation korrigieren. Sonst werden wir die gleichen Fehler immer wiederholen.“

Der japanische Experte fordert daher striktere Kontrollen, flächendeckende Bauüberprüfungen und ein stärkeres Bewusstsein der Bevölkerung für Erdbebensicherheit. „Nur wenn wir Sicherheit und Qualität zur Priorität machen, können wir Leben retten“, so Moriwaki.