Die staatliche Sprachbehörde der Türkei hat den Begriff „digitale Gewissensbisse“ – auf Türkisch „dijital vicdan“ – zum Wort des Jahres 2025 gewählt. Das gab Kultur- und Tourismusminister Mehmet Nuri Ersoy am 29. Dezember bekannt. An der öffentlichen Abstimmung beteiligten sich landesweit rund 300.000 Menschen.
In seinem Beitrag in den sozialen Medien erklärte Ersoy, der Begriff stoße eine wichtige gesellschaftliche Debatte an:
„Dieses Wort zeigt, wie sich das menschliche Gewissen im digitalen Zeitalter von echter Verantwortung löst und auf einen bloßen Klick reduziert wird“, so der Minister. „Digitale Gewissensbisse“ halte der Gesellschaft einen Spiegel vor und mache individuelle wie kollektive Sensibilität sichtbar.
Die Wahl wurde vom Türkischen Sprachverein (TDK) gemeinsam mit dem Kommunikationsforschungszentrum İLAUM der Universität Ankara organisiert. Nach einer Nominierungsphase kamen fünf Begriffe in die Endrunde und standen vom 22. bis 28. Dezember zur öffentlichen Abstimmung.
In der Finalrunde standen neben „digitale Gewissensbisse“ folgende Begriffe zur Auswahl:
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„moralische Blindheit“
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„Unfruchtbarkeit“
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„passives Mitgefühl“
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„Uniformität“
Im vergangenen Jahr hatten mehr als eine Million Menschen abgestimmt und „gedrängte Einsamkeit“ (crowded loneliness) zum Wort des Jahres gewählt – ein Begriff, der beschreibt, wie soziale Medien trotz ständiger Online-Präsenz das Gefühl der Isolation verstärken können.
Auch international richtet sich der Blick zunehmend auf digitale Kultur und deren Auswirkungen: Oxford University Press kürte „rage bait“ – Inhalte, die gezielt Wut und Empörung auslösen sollen – zum Wort des Jahres. Merriam-Webster entschied sich für „slop“, ein Begriff für massenhaft produzierten, minderwertigen KI-Inhalt.