Deutschland und Türkei: Merz setzt bei seinem ersten Besuch auf Pragmatismus statt Kritik

(Bildquelle: Bundesregierung)
30.10.2025 – 11:00 Uhr

Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ist am Donnerstag zu seinem ersten Antrittsbesuch in der Türkei eingetroffen. Noch am selben Tag wird er in Ankara mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan zusammenkommen. Diese hochrangigen Gespräche markieren eine spürbare Versachlichung im Verhältnis der beiden NATO-Partner.

Im Gegensatz zur vorherigen Ampel-Koalition, die die Menschenrechtssituation und den Umgang mit der Opposition in der Türkei regelmäßig kritisierte, verfolgt Merz einen deutlich pragmatischeren Kurs. Laut Regierungskreisen stehe dieser Besuch im Zeichen der Vertiefung der bilateralen Zusammenarbeit, insbesondere in den Bereichen Sicherheitspolitik, Migration und Wirtschaft.

Ein zentrales Thema dürfte die vertiefte militärische Kooperation sein. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt hatte Merz grünes Licht für den umstrittenen Verkauf von 20 Eurofighter-Kampfflugzeugen an die Türkei gegeben – ein Projekt, das unter der Vorgängerregierung von Olaf Scholz (SPD) blockiert worden war. Ein entsprechender Vertrag wurde kürzlich mit Großbritannien unterzeichnet.

Auf der Agenda stehen außerdem die Modernisierung der Zollunion mit der Europäischen Union, die Energiepartnerschaft sowie die Lage in Gaza und der Krieg in der Ukraine. Zudem wird Merz von deutschen Geschäftsleuten in der Türkei erwartet. Das bilaterale Handelsvolumen hatte 2023 mit rund 55 Milliarden US-Dollar einen Rekordwert erreicht.

Dem Besuch vorausgegangen ist Kritik von Menschenrechtsorganisationen und aus Teilen der Opposition in Deutschland, die eine härtere Linie gegenüber Ankara fordern. Merz hat keine Treffen mit Vertretern der türkischen Opposition geplant. Experten werten dies als Indiz für einen strategischen Kurswechsel Berlins hin zu einer „pragmatischen und transaktionsbasierten” Beziehung.

Ein weiterer praktischer Verhandlungsgegenstand ist die Rückführung von Straftätern. Deutschland drängt auf eine schnellere Übernahme von mehr als 22.000 ausreisepflichtigen türkischen Staatsangehörigen.