Die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft in Deutschland wurde von der türkischstämmigen Community als historischer Erfolg gefeiert. Doch nun sehen sich viele der rund 500.000 betroffenen Deutsch-Türken auf dem Weg zurück zur türkischen Staatsbürgerschaft mit bürokratischen Hürden und finanziellen Belastungen konfrontiert, die sie zunehmend abschrecken.
Zwar erlaubt die türkische Regierung den Rückerwerb der Staatsbürgerschaft grundsätzlich, doch verlangen türkische Konsulate von Antragstellern ein ungewöhnliches Dokument: Sie müssen belegen, auf welchem Weg sie die deutsche Staatsbürgerschaft erlangt haben. Laut Kritikern ist diese Forderung gesetzlich nicht vorgeschrieben. Hinzu kommt eine weitere Belastung: Männer, die die türkische Staatsbürgerschaft wieder annehmen, sollen zusätzlich eine Gebühr von 6.900 Euro für den Wehrdienst zahlen – unabhängig davon, ob sie diesen bereits aufgeschoben hatten.
„Diese bürokratischen Erfindungen der Konsulate stehen nicht im Gesetz“, kritisiert Utku Çakırözer, Abgeordneter der CHP und Mitglied des außenpolitischen Ausschusses. Er spricht von einem „Fiasko“: Von den über 500.000 potenziell Berechtigten haben nur 25.387 Personen tatsächlich einen Antrag auf Wiedererlangung der türkischen Staatsbürgerschaft gestellt. Der Rest zögert – aus Unklarheit, Frust oder Angst vor den Konsequenzen.
Viele Antragsteller empfinden insbesondere das Misstrauen der türkischen Behörden als entwürdigend. Fragen wie „Wie bist du Deutscher geworden?” oder „War das auf legalem Weg?” sorgen für Unmut. Dabei reicht laut türkischem Wehrdienstgesetz der deutsche Pass als Nachweis, zusätzliche Dokumente sind überflüssig.
Auch Familienangehörige betroffen
Die Folgen betreffen nicht nur die betroffenen Männer selbst: Angesichts der Hürden entscheiden sich viele Familien komplett gegen den Rückweg in die türkische Staatsbürgerschaft, um sich dem bürokratischen Spießrutenlauf und den finanziellen Belastungen zu entziehen.
Gleichzeitig zeigt sich eine gegenteilige Entwicklung: Seit dem Inkrafttreten der neuen deutschen Regelung zur doppelten Staatsbürgerschaft geben immer mehr Menschen ihre türkische Staatsbürgerschaft vollständig auf, anstatt sie erneut zu beantragen. Der Frust über die türkischen Verfahren scheint größer zu sein als das Bedürfnis nach Rückkehr.