Nach Jahrzehnten beendet die deutsche Ferienfluggesellschaft Condor ihre Verbindungen in die Türkei. Die letzten Flüge ab Frankfurt und München starten Anfang November. Zuvor hatte die Airline bereits ihre Routen von Düsseldorf und Leipzig eingestellt. Damit verschwindet Condor vollständig vom deutsch-türkischen Flugmarkt, auf dem sie einst führend war.
Wie das Unternehmen mitteilte, sei die Entscheidung „nachfragebedingt“. Die Flugplanung richte sich nach wirtschaftlichen Kriterien, so ein Sprecher. Man verlagere Kapazitäten auf Strecken mit höherer Auslastung. Eine Wiederaufnahme der Türkei-Verbindungen ist derzeit nicht geplant. Schon im Sommerflugplan 2026 wird das Reiseziel nicht mehr aufgeführt sein.
Vom Marktführer zum Rückzug
Dieser Schritt markiert das Ende einer Ära. Nach der Übernahme von Öger Tours durch den damaligen Mutterkonzern Thomas Cook galt Condor Anfang der 2010er-Jahre zeitweise als führender Anbieter für Türkei-Reisen aus Deutschland. Doch mit dem Aufstieg türkischer und deutsch-türkischer Airlines verschob sich das Kräfteverhältnis deutlich.
Heute dominiert das Joint Venture Sun Express, ein Gemeinschaftsunternehmen von Lufthansa und Turkish Airlines, den Markt mit einem Anteil von rund 30 Prozent an den Sitzplatzkapazitäten. Turkish Airlines folgt mit 28 Prozent, Pegasus Airlines mit 27 Prozent und Ajet mit zehn Prozent. Lufthansa selbst spielt mit zwei Prozent kaum noch eine Rolle, ebenso wie Corendon und Freebird mit jeweils einem Prozent.
Sun Express und Tui setzen auf Wachstum
Während Condor sich zurückzieht, erweitern andere Anbieter ihr Türkei-Angebot. Sun Express hat ihr Sitzplatzangebot im Winterflugplan um sechs Prozent erhöht und stellt nun rund fünf Millionen Plätze bereit. Die Airline profitiert von einer stabilen Nachfrage auch außerhalb der Sommersaison, denn die Türkei gilt mit milden Temperaturen zunehmend als Ganzjahresziel.
Auch der Reisekonzern Tui setzt stark auf dieses Reiseziel. Laut Tui-Deutschland-Chef Benjamin Jacobi steht die Türkei mit rund 1.600 wöchentlichen Flügen erneut an der Spitze der beliebtesten Urlaubsziele deutscher Touristen. Auch der Ferienflieger Corendon vermeldet Rekordwerte: 65 Prozent seiner Kapazitäten entfallen auf Deutschland. Im Sommer bediente die Airline 18 deutsche Flughäfen und rechnete mit mehr als zehn Millionen Passagieren.
Engpässe bei der Flotte und juristische Bremsen
Beobachter sehen hinter dem Rückzug von Condor nicht nur den wachsenden Wettbewerbsdruck. Die Airline leidet derzeit unter einem Mangel an Flugzeugen. Während ältere Boeing-757-Maschinen ausgemustert werden, verzögern sich die Auslieferungen der neuen Airbus-A321-Flotte. Gleichzeitig musste Condor eigene Zubringerflüge nach Frankfurt organisieren, nachdem die Lufthansa einen entsprechenden Vertrag gekündigt hatte.
Ein jahrelanger Rechtsstreit zwischen den beiden Gesellschaften endete im Oktober erfolglos für Condor. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hob eine Entscheidung des Bundeskartellamts auf, welche Condor einen Anspruch auf bevorzugte Zubringerverbindungen zugesprochen hatte.
Finanzielle Turbulenzen bleiben
Finanziell steckt die Airline weiter im Umbruch. Für das Geschäftsjahr 2023/24 meldete Condor einen Verlust von 62 Millionen Euro. Neuere Zahlen liegen noch nicht vor. Nach den schwierigen Jahren infolge der Thomas-Cook-Pleite und der Corona-Pandemie versucht das Unternehmen, wieder in die Gewinnzone zu fliegen und die erhaltenen staatlichen Hilfen zurückzuzahlen.
Seit 2021 ist der britische Finanzinvestor Attestor mit 51 Prozent der Anteile Mehrheitseigner, der Rest liegt bei einer staatlichen Auffanggesellschaft.